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09.02.2015

Durch das Land der namenlosen Berge 12 - Monduntergang am Saipal Chuli

Auch am nächsten Morgen laufen wir noch eine ganze Zeit durch schönen, fast unberührt wirkenden Wald. Obwohl der recht stark frequentierte Karawanenweg hier verläuft, sind noch viele der mehrhundertjährigen Baumriesen vorhanden.



                                 Urwald im Tal des Milchham Khola




Vor dem kleinen Weiler Chauthala passieren wir eine Herberge, die wohl den durchziehenden Handelskarawanen als Unterkunft dient. Es gibt einen eingezäunten Bereich für die Maultiere und ein Schild, dessen nepalesische Schriftzeichen wir natürlich nicht entziffern können, weist auf die Karawanserei hin.


                                                                Herberge am Weg

Der Weg führt jetzt am Hang oberhalb der tiefen Schlucht des Rauli Khola durch besiedeltes Gebiet.
Meist laufen wir durch lichte Kiefernwälder, hinter Darma gibt es aber auch große, offene Bereiche mit terrassierten Reis- und Hirsefeldern.

                                               Bei der Arbeit im Hirsefeld


                   Offene Kiefernwälder oberhalb des Rauli Khola


                                                     Terrasssierte Kulturlandschaft

Einmal begegnen wir einer Polizeipatrouille. Wir rechnen damit, dass unsere Papiere kontrolliert werden. Aber die Uniformierten, unter denen sich auch eine Frau befindet, begrüßen uns lediglich sehr freundlich. Klar, in den vielen, kleinen Dörfern hier, gibt es keine Polizeistationen. Daher wird immer mal wieder eine Truppe von Simikot aus gesandt, um auf dem Land nach dem Rechten zu sehen.
In etlichen Dörfern sehen wir Schilder, mit Titeln wie "Gospelchurch" oder ähnlichem. Später erfahren wir, dass unter den Rana Königen, der Hinduismus quasi Staatsreligion war und daher christliche Missionierung verboten war. Mit dem Ende der Monarchie hat sich das geändert, und mittlerweile sind in vielen Gegenden finanziell gut ausgestattete, eher fundamentalistisch eingestellte amerikanische Kirchen aktiv…
In Darma erhalten wir leckeres Fettgebäck, geröstete Maiskolben und das wie immer günstige und leckere Dhal Bat. Anschließend geht es fast 1000 Höhenmeter steil abwärts zum großen Fluss Loti Karnali, den wir auf einer Brücke überqueren.
Eigentlich hätte sich der Hauptpfad nach unserer Karte schon bald vom Fluss entfernen müssen. Aber erst als uns irgendwann klar ist, dass wir die Stelle längst passiert haben, schauen wir genauer auf Karte und GPS und stellen fest, dass der Abzweig bereits zwei Kilometer hinter uns liegt. Wir haben keine Lust zurück zu laufen und beschließen rasch nach der Karte eine eigene Alternative zu laufen, die uns irgendwann zum Hauptweg zurück führen soll.

                                              Schlucht am Loti Karnali

Schließlich erreichen wir die Stelle, an der der Loti Karnali sich mit dem Humla Karnali vereinigt. Wir stoßen auf Markierungen, die sicher für zukünftige Straßenbauarbeiten in diesem Tal angelegt wurden. Auch hier sind die Tage der alten Karawanenwege offenbar gezählt…
Wir folgen dem Humla Karnali aufwärts und schlagen irgendwann dicht am Fluss unser Lager auf. Zwar nicht ganz außer Sichtweite vom Pfad, allerdings sind uns heute Nachmittag auch nur wenige Leute begegnet.
Hier auf nur noch 1500 Metern Meereshöhe beträgt die Temperatur nach Einbruch der Dunkelheit immer noch über 20 Grad.




                                                             Humla Karnali

Auf einem guten Pfad kommen wir im Tal am nächsten Morgen rasch voran. Die Gegend ist von lichten Kiefernwäldern, goldgelben Grashängen und vor allem dem intensivem Türkis des weiß schäumenden Humla Karnali geprägt.




                                     Morgen am Humla Karnali

Es gibt hier keine Dörfer, sondern nur einzelne Hütten oder provisorische Camps von Hirten, die ihre Rinder und Ziegen in Flussnähe weiden lassen.

                                                            Lager von Hirten

Bereits nach 2 Stunden weitet sich das Tal und beherbergt die terrassierten Felder von Sarkeghat.

                                                              Vor Sarkeghat

Der Ort ist viel kleiner, als wir erwartet hatten, immerhin gibt es ein großes, eingezäuntes Schulgelände, das eher wie eine Kaserne wirkt…
An einer Stelle weht eine rote Fahne mit Hammer und Sichel. Während woanders der Kommunismus kaum noch eine Bedeutung hat, waren in Nepal die Maoisten Hauptgegner des Königtums in dem
zehnjährigem Bürgerkrieg, der erst 2006 mit dem Sieg der Kommunisten geendet hatte. Aus den ersten freien Wahlen des Landes, gingen die Maoisten klar als Sieger hervor. Inzwischen ist ihre Bedeutung zwar etwas gesunken, aber noch immer sind die Linken die stärkste politische Kraft des Landes.
In dem kleinen Dorfladen, bereitet man uns freundlicherweise Dhal Bat zu. Frisch gestärkt wandern wir in der Mittagshitze weiter. Zwei Jungen schenken uns eine Zuckerrohrstange und weisen sogar die angebotene Bezahlung dafür entschieden zurück.
Bald führt ein zunächst mit Steinpackungen befestigter Weg aus dem Tal heraus nach oben. Zunächst haben wir das Gefühl richtig zu sein. Doch dann endet der Pfad abrupt an einem steilen Hang. Es wäre zu gefährlich hier weglos weiter zu gehen, daher bleibt uns nichts anderes übrig, als zurück zu laufen. Bernd hatte im Aufstieg einen weiteren, kaum sichtbaren Pfad bemerkt, auf dem wir nun unser Glück versuchen wollen. Tatsächlich führt der Weg in unsere Richtung in sehr steilem Anstieg auf einen Bergrücken.

                             Auf schmalen Pfaden oberhalb des Humla Karnali

Dummerweise hatten wir am Fluss unsere Wasservorräte nicht aufgefrischt, da es laut Karte weiter oben Bäche gibt. Allerdings sind alle Taleinschnitte knochentrocken, daher gehen wir mit dem halben Liter Wasser, den jeder von uns noch in der Flasche hat, sparsam um. Es ist so heiß, dass sich schon bald weiße Salzränder auf unseren T- Shirts zeigen.
Auf dem Rücken angelangt stoßen wir noch immer nicht auf den Pfad, der dort eigentlich verlaufen müsste. Bernd will kurz die Gegend erkunden, um festzustellen, ob es irgendwo Wasser gibt. Obwohl er über eine halbe Stunde unterwegs ist, kann er nirgendwo eine Quelle oder Ähnliches finden.
Wir steigen weiter auf und gelangen schließlich auf einen guten Pfad, der sich unendlich lange durch die Hänge zieht und dabei nur langsam an Höhe gewinnt. Unterhalb von uns frisst sich ein Feuer langsam durch den Kiefernwald. Wahrscheinlich möchte irgend jemand neue Felder anlegen…

                                                               Brandrodung

Auch weiterhin finden wir kein Wasser. Obwohl ich durstig bin, geht es mir recht gut. Schließlich hatte ich ja schon einige Male mit weit schlimmeren Wasserproblemen fertig zu werden…
Erst gegen 17.30 stoßen wir vor dem Dorf Aul Barai auf einen  Bach. Rasch füllen wir Wassersäcke und Flaschen auf, und steigen dann schnell die Grashänge empor, da es bald dunkel wird, und wir vorher noch einen halbwegs ebenen Lagerplatz mit einigem Abstand zu dem Dorf finden müssen. Erst in der Dämmerung gelingt es uns, eine geeignete Stelle auf einem grasigen Absatz zu finden. Doch obwohl es schon spät ist, besuchen uns noch vier Leute, die an den steilen Hängen Heu mit der Sichel geschnitten hatten. Zwar wäre es uns lieber, wenn unser Lagerplatz nicht bekannt wäre, aber wir haben keine Wahl, da wir nicht wissen, ob wir so rasch noch einen anderen Platz finden würden. Die Leute sind allerdings sehr freundlich und schauen uns lediglich interessiert beim Zeltaufbau zu, um danach ihren Heimweg anzutreten.
Als ich am nächsten Morgen aus dem Zelt trete, eröffnet sich ein wunderbares Schauspiel: Der volle Mond geht über dem Schneemassiv des Saipal Chuli unter. Dieser Berg ist mit 7030 Metern der Höchste weit und breit.



                                    Der Vollmond geht über dem Saipal unter

Während der Mond noch am Himmel steht, bringt die aufgehende Sonne die Schneehänge des Saipal zum Leuchten. Aller anderen Berge sind noch in das Dunkel der Morgendämmerung getaucht.

                          Morgenerwachen am Saipal Chuli


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