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03.07.2014

Wie ich lernte nasse Füsse zu lieben 5 - 460 Kilometer durch die schottischen Highlands

Bei grauem Himmel starte ich bereits früh am Morgen. Den Strath na Sealga an der gestern erkundeten Stelle zu durchqueren stellt sich als einfach heraus. Nach heftigen Regenfällen kann das sicher anders aussehen…
An der Shenavall Bothy treffe ich wieder auf die Hauptroute des Cape Wrath Trails. Ein Schotte mit Tagesrucksack ist schon abmarschbereit. Er erzählt, dass die Wetteraussicht für heute gut sein soll, für morgen schon wieder schlechter, typisch schottisch also….

                                                                  Shenavall Bothy



Von der Hütte geht es in einer Schlucht steil aufwärts. Noch einmal ergeben sich schöne Ausblicke über das weite Sealga Tal.

                                            Blick zurück in das Tal des Strath na Sealga

Ich laufe über eine sumpfige Hochebene und steige dann in das bewaldete Dundonell Tal ab.
        
                                                  Abstieg ins Dundonell Tal

Ich überquere die Straße und wandere meist einem Pfad folgend bei  trübem Wetter über die Hochebenen. An manchen Stelle beschreibt der Ausdruck "Sumpf" den Weg allerdings besser, als wenn man von einem "Pfad" spricht…

                                       Ja, das ist der Weg!

Im nächsten Tal angekommen, beschließe ich spontan in das etwa 11 Kilometer entfernte Ullapool zu trampen, um noch einmal mein Gück mit dem Internet zu versuchen.
Ich stehe keine fünf Minuten an der Straße als ein Mann aus Ullapool mit zwei kleinen Kindern hält. Ich erfahre, dass es kostenloses Internet in der Bibliothek des netten Hafenstädtchens gibt. Nach einer halben Stunde habe ich meine Angelegenheiten erledigt und will zurück zum Trail. Ich stelle mich in der Nähe der Tankstelle am Ortsausgang an die Straße und habe wieder Glück, schon nach wenigen Minuten einen Lift gefunden zu haben. Von Inverlael, wo ich den Cape Wrath Trail wieder verlasse, steige ich zunächst durch dichte, junge, monotone Nadelbaumplantagen nach oben. Bald habe ich die Baumgrenze erreicht. Leider beginnt es zunehmend zu regnen. In dem welligen Sumpfland kann ich auch zunächst keinen Zeltplatz ausmachen, aber schließlich schlage ich mein Lager am Ufer des kleinen Loch Creagain auf.
Auch am Morgen regnet es zunächst noch, scheint dann aber aufzuklaren.

                                 Morgen am Loch Creagain

Als sich die Wolken über den Nebeln lichten und die Sonne die zum Teil noch verschneiten Berge anstrahlt, ergeben sich schöne Stimmungen.



                                               Morgenstimmungen

Das schöne Wetter kann sich aber nicht durchsetzen und bald bin ich mal wieder von dichtem Nebel eingehüllt. Dank GPS ist das weglose weiter wandern, kein größeres Problem, wenn auch ziemlich zeitaufwendig. Im Srath Nimhe Tal stoße ich auf einen Pfad, dem ich bis ins Glenn Achall folge. Die dortige East Rhidoroch Lodge liegt malerisch abgelegen. Kein Mensch scheint zugegen zu sein. Den Fluss überquere ich mittels einer Hängebrücke.

                              Hängebrücke über den Achall River

Zeitweise ist jetzt die Sonne wieder da. Zwei Austernfischer und das melancholische Flöten der Goldregenpfeifer bringen Leben in die Landschaft. Von einem Fahrweg der im Tal Richtung Loch an Daimh führt, zweigt bald ein Pfad zum Loch an Eilein ab. Dieser wird allerdings zunehmend weniger erkennbar und bald folge ich weglos dem Tal des Allt nan Clar Lochan. Kräftige Schauer wechseln sich mit zeitweisen Wolkenlücken ab. Einige Male muss ich recht breite Bäche durchwaten und bin froh dabei meine Trailrunner zu tragen. Kleine Wasserfälle im eingeschnittenen Bachlauf unterbrechen die großartige, fast schon "tibetische" Weite.

                                              "Tibetische Stimmung"

Rappach Water sieht auf der Karte ziemlich breit aus, daher bin ich gespannt ob mir die Durchwatung Probleme bereiten wird. Aber nach kurzer Suche habe ich eine Stelle entdeckt, wo sich der Fluss in zwei Arme aufgeteilt hat und nicht sehr tief ist.
Am anderen Ufer steige ich weiter gemächlich Richtung Meall a Chaorainn auf. Die Weite und Leere dieser Landschaft vermittelt mir das bislang stärkste " Wildnisgefühl" auf dieser Wanderung. Den ganzen Tag lang begegnet mir kein Mensch.



                                          Die Weiten von Assynth

Der Regen scheint für heute abgezogen zu sein. Leider gelingt es mir nicht, einen flüchtigen Regenbogen gut zu fotografieren. Schließlich schlage ich mein Lager auf dem breiten Kamm zwischen Meall a Bhuirich und Meall a Chaorainn auf. Obwohl es in den Mooren hier natürlich überall Mengen von Wasser gibt, muss ich mich etwas umschauen, bis ich etwas Fließendes entdecke. Als meine Nudeln fast fertig sind, gelingt mir das Kunststück, den kleinen Topf umkippen zu lassen. Na ja, ich bin so hungrig, dass ich jeden einzelnen Sphagetti aus Torf und Heidekraut auflese…
Nach 13 mal kochen ist meine erste 220 Gramm Gaskartusche leer.

                                               Lager auf breitem Kamm

Abends ergeben sich im Sonnenuntergang schöne Ausblicke über die flache Hochebene zu den Bergen Assynths.



                                    Die Berge Assynths im Abendlicht

Als ich am nächsten Morgen um 5 Uhr aufstehe, ist es noch klar. Aber nur eine halbe Stunde später ist das Land von einer dicken Nebelsuppe überzogen. Ein 6- köpfiges Rudel Rotwild wirkt wie "Geisterhirsche" als sie schemenhaft neben mir auftauchen. Mit Kompass und GPS arbeite ich mich langsam vorwärts durch die wie immer erstaunlich unebenen, unwegsamen Moore vor.
Schließlich klart es aber doch recht schnell auf.



                                        Der Nebel gibt die Weite der Landschaft wieder frei

Um nicht einen weiten Umweg zu machen, durchquere ich weglos einen Gürtel von dichten Nadelholzanpflanzungen. Ziemlich unangenehm, sich durch die nassen, dichten Bestände vorzuarbeiten! Immerhin höre ich noch einmal balzende Birkhähne auf einem Moor.
Im Tal des Allt an Loin Duibh überquere ich eine Straße und wandere auf einem Fahrweg weiter zum Loch Ailsh. Es ist ziemlich grau, und dann und wann geht ein Schauer nieder. Die gepflanzten Nadelwälder, die um den See wachsen erscheinen mir ganz im Gegenteil zu den alten Kiefern im Glen Affric als unschöne, nicht in die Landschaft passende "Fremdkörper"
Ich überquere den bekannten Lachsfluss Oykel auf einer Brücke, verlasse dann aber gleich wieder die Hauptroute des Cape Wrath Trail in dem ich in das Tal des Allt Sail an Ruathair wandere. Das stellt sich als keine besonders gute Entscheidung heraus, denn der Pfad an der Ostseite der Berge ist eher langweilig. Na ja, unter dem grauen Himmel mit den tief hängenden Wolken hat es die Landschaft halt auch schwer sich von ihrer besten Seite zu zeigen…
Bei meiner Mittagspause an einem Bach kann ich lange Zeit zwei Wassermseln beobachten und fotografieren. Sehr hübsch, wie sie mit erbeuteten Insekten im Schnabel auf Steinen im Bachbett stehen.


                                                     Wasseramsel

Regelrecht schlecht gelaunt werde ich, als sich der Pfad in einen gerade erst brutal in die Landschaft gebulldozerten Fahrweg verwandelt, dem ich einige Kilometer weit folge.

                                                 Frisch gebauter Fahrweg

Der Weg endet abrupt im Nichts und ich laufe weglos Richtung Carm Loch Mhor weiter. Es regnet jetzt in Strömen und die Traversierung der steilen Hänge oberhalb des Sees erfordert daher große Aufmerksamkeit. Ich würde gerne mein Zelt aufschlagen, aber es dauert dann noch ziemlich lange, bis ich einen ebenen Platz für mein Lager oberhalb des Sees gefunden habe.
Mein GPS zeigt mir, dass ich heute immerhin 22 Kilometer Luftlinie zurückgelegt habe, eine ganze Menge für die zum Teil schwierigen Bedingungen!


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